Windeln kennen wir in der Regel nur von Kleinkindern und vielleicht noch von alten Menschen, die unter Inkontinenz leiden. Das Windeln bzw. das Tragen dieser auch eine leidenschaftliche und/oder sexuelle Komponente beinhalten, dürfte den meisten Menschen eher fremd sein.
Und doch gibt es ihn, den sogenannten Windelfetischismus – auch Diaperismus genannt. Er ist eine Form des Kleidungsfetischs oder – wissenschaftlich korrekt – des paraphilischen Infantilismus.
Was ist ein Windelfetisch?
Eine Person mit einem Windelfetisch empfindet Freude und/oder sexuelle Stimulation an der Windel und/oder ihrer Verwendung. Zudem existieren einige weitere Formen bzw. Unterarten dieses Fetischs: etwa der Zwang, Windeln als eine Form der Demütigung zu tragen – ein Verhalten, das beim sexuellen Masochismus auftritt. Windelfetischisten leben ihre Neigungen allein oder mit einem Partner aus, der ein gemeinsames Interesse an diesem Fetisch bzw. den entsprechenden sexuellen Handlungen hat.
Verhalten von Windelfetischisten
Windelliebhaber variieren stark in ihrem Aufmerksamkeitsfokus. Es gibt kein singuläres oder archetypisches Verhalten. Daher gibt es eine breite Palette von Denkmustern und Verhaltensweisen, die jedoch alle eine harmlose und wirksame Befreiung von einer Art des sexuellen Drucks darstellen.
Beim Tragen von Windeln empfindet ein Windelfetischist im Allgemeinen ein beruhigendes Gefühl. Für andere Windelfetischisten reichen das bloße Tragen einer Windel, das einengende Gefühl und das knisternde Geräusch, das damit verbunden ist, um eine Form von erotischem Vergnügen und sexueller Erregung auszulösen.
Die meisten praktizieren ihre Windelfantasien (d. h. das Tragen von Windeln) jedoch auf eine Weise, die von außenstehenden Personen i. d. R. nicht bemerkt wird. Manche Windelträger tragen ihre Windeln nur für eine begrenzte Zeit, während andere es vorziehen, sie – zumindest in ihrer Freizeit – rund um die Uhr zu tragen.
Einige werden durch das Einnässen (Urinieren) ihrer Windeln erregt, andere mögen es, ihre Windeln zu „beschmutzen“ (Stuhlgang) oder beides. Manche wiederum benutzen die Windeln überhaupt nicht (über das Tragen hinaus) zur Erregung oder zum Blasen- und Stuhlgang, andere mögen das Gefühl des Einnässens zwischen den Beinen, wenn die Windel getränkt ist.
Windelfetisch – Eine Spielart im Fetisch
Windelfetischisten und Windelliebhaber werden oft mit der Fetisch-Spielart „Erwachsene Babys“ in Verbindung gebracht. Beide tragen Windeln, doch Erstgenannte zeigen meist kein kindliches Verhalten, während dies das charakteristische Merkmal „erwachsener Babys“ ist.
Die meisten Windelliebhaber gehen keiner kindlichen Aktivität nach und interessieren sich nur für die Windeln. Bei bestimmten Personen kann es jedoch zu Überschneidungen kommen, da sie sich weder ausschließlich als erwachsene Babys noch als Windelliebhaber sehen.
Daher bezeichnen sich erwachsene Babys und Windelliebhaber gemeinsam auch als „ABDL-Community“ („Adult Baby & Diaper Lover“). Inzwischen hat sich auch die Industrie auf diese Zielgruppe eingestellt – Windeln und Gummihosen mit Babyaufdrucken werden immer öfter auch in Erwachsenengrößen verkauft.
Spielarten des Windelfetischs
Neben den bereits genannten Ausprägungen gibt es innerhalb des Windelfetischs etliche weitere Spielarten. Einige möchten wir im Folgenden etwas näher vorstellen:
Gummi- / Plastik-Fetischismus
Einige Gummi- und Plastikfetischisten haben ebenfalls eine Vorliebe für Windeln und Gummihosen. Im Falle von Wegwerfwindeln liegt die Anziehungskraft oft in den Geräuschen, die eine Plastikwindel beim Anlegen und Tragen macht. Bei Stoffwindeln bildet meist das Latex oder PVC der darüber getragenen Hose das erotische Element. Es gibt im Handel aber auch kombinierte Kleidungsstücke – zum Beispiel die PVC Windelhose.
Omorashi
Omorashi ist eine vorwiegend asiatische Fetisch-Subkultur, bei der die Teilnehmer durch eine volle Blase oder die sexuelle Anziehung zu einer anderen Person, die das Gefühl einer vollen Blase hat, erregt werden. Bei diesen Fetischisten fällt der Höhepunkt in der Regel mit dem Moment der Erleichterung und der Verlegenheit zusammen, wenn die verzweifelte Person die Kontrolle über die Blase verliert.
Einige Untergruppen der Omorashi-Fangemeinde verwenden Windeln zur Stimulation. In diesem Fall spricht man von „Omorashi Omutsu“ oder seltener von „Omorashi Oshime“, was beides mit „sich in eine Windel einnässen“ aus dem Japanischen übersetzt wird.
Wie entwickelt sich ein Windelfetisch?
Wissenschaftler haben in der Vergangenheit verschiedene Fetische, u. a. den Windelfetisch, genauer untersucht. Einige Studien zeigen dabei, dass insbesondere eine außergewöhnliche frühkindliche Erfahrung einen Fetisch prägen kann.
Mit anderen Worten: Fetische sind das Ergebnis früher Kindheitserfahrungen, die mit bestimmten Objekten, Handlungen oder Körperteilen verbunden sind. Diese sind nicht von Natur aus sexuell, die Assoziation macht sie dazu. Dies erklärt, warum verschiedene Menschen unterschiedliche Fetische haben.
Ein interessantes Ergebnis ist, dass Männer tendenziell mehr Fetische haben als Frauen. Warum ist das so? Eine mögliche Erklärung ist, dass Männer und Frauen unterschiedliche sexuelle Triebe haben. Männer werden durch „abweichende“ sexuelle Handlungen in der Regel stärker erregt als Frauen. Frauen fühlen sich davon oft sogar eher abgestoßen.
Fazit
Der Windelfetisch ist in aller Regel eine besondere und für viele Menschen nicht nachvollziehbare Form des Fetischs, aber eine harmlose. Oft werden Windelfetischisten fälschlicherweise mit pädophilen Neigungen in Verbindung gebracht, was in den allermeisten Fällen nicht zutrifft.
Trotzdem ist es für Windelfetischisten meist sehr schwer, einen Partner zu finden, der diese Spielart der Sexualität zumindest akzeptiert, wenn auch nicht teilt. Aus diesem Grund gibt es unter den Windelfetischisten sehr viele Singles.
Abhilfe können hier spezielle Communitys – virtuell oder auch im realen Leben – schaffen, in denen die Windelliebhaber unter sich sind und evtl. auch gleichgesinnte Partner finden.
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